Aufruf zum Gedenken an den rassistischen Anschlag in Hanau

Am 19. Februar 2022 ist der rassistische Anschlag in Hanau 2 Jahre her, bei dem 9 Menschen aus rassistischen Motiven ermordet wurden.

Wir rufen dazu auf, an Gedenkaktionen teilzunehmen und gemeinsam zusammenzukommen, um den rassistischen Normalzustand nicht weiter zu tolerieren.  Um 14 Uhr wird es eine Gedenkkundgebung am Theaterplatz in Osnabrück geben.

Rassistische Hetze im Alltag, rechtsextreme Strukturen in Sicherheitsbehörden und Militär, rassistische Polizeigewalt, Angriffe auf Unterkünfte von Geflüchteten, rechte und rassistische Morde und Tötungsversuche, sogenannter “Alltagsrassismus” sind keine neuen Phänomene. Sie finden aber nicht außerhalb dieser Gesellschaft statt, sondern sind Folge und Kontinuität einer rassistischen Gesellschaft, in der rassistische Strukturen ihre Zuspitzung in rechtem Terror und rassistischer Gewalt finden.

Ein aktuelles Beispiel zur Militarisierung der Debatte über geflüchtete Menschen ist die Situation an der polnisch-belarussischen Grenze, an der massiv aufgerüstet wird. Politiker*innen bezeichnen Menschen, die auf der Suche nach Sicherheit sind, als “Waffen” und rechtfertigen damit eine militärische Aufrüstung des Grenzgebietes und brutale Gewalt an Migrant*innen, auch mit Todesfolgen. Die stetige Aufrüstung und militarisierte Abwehr von Menschen findet allerdings schon seit Jahren (wenn nicht Jahrzehnten) statt, in den letzten Jahren verstärkt im Mittelmeerraum. Dort werden von der europäischen Grenzschutzagentur Frontex Menschen mit Gewalt vom Grenzübertritt abgehalten oder durch illegale Pushbacks zurückgetrieben. Tausende Menschen sind durch diese Abwehr ertrunken oder getötet worden, ohne dass ein Ende in Sicht wäre.

Rassismus und rassistische Gewalt sind Teil dieser Gesellschaft und gehen aus ihr hervor. Geht es allerdings um die Soziale Arbeit, gibt es allzu häufig kein Bewusstsein über die Rolle Sozialer Arbeit bei rassistischer Praxis.

Rassistische und extrem rechte Positionen in der Sozialen Arbeit

Auch innerhalb der Profession Soziale Arbeit aber werden rassistische Denk- und Handlungsmuster reproduziert und rassistische Praxen, wie Abschiebungen, aktiv unterstützt. Gute Einblicke für eine erste Auseinandersetzung mit rassistischen Verhältnissen innerhalb Sozialer Arbeit geben z.B. Burzlaff und Eifler (2018) in ihrem Text “Was ist der ‘weiße KIttel’ Sozialer Arbeit?” oder Nevidita Prasad (2019) in ihrem Artikel “Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession im Kontext von Flucht”. Sie zeichnet ein Bild der Nichteinmischung und des Schweigens der Profession im Kontext der Zunahme rassistische Vorfälle auf allen Ebenen der Gesellschaft. Soziale Arbeit ist kein rassismusfreier Raum, umso wichtiger ist neben einer selbstreflexiven Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Machtverhältnissen eine klare Positionierung gegen rassistische Gewalt.

Wir möchten aus einer rassismuskritischen Perspektive Verantwortung für die Einhaltung des Mandats einer Menschenrechtsprofession übernehmen und gleichzeitig die Übernahme von Verantwortung durch Politik und Behörden einfordern, eine lückenlose Aufklärung des Attentates von Hanau zu gewährleisten.

Rechter Terror und Kontinuität

Insbesondere das Fortbestehen und die stetige Ausweitung rechter Netzwerke, in Polizei, Militär oder im Rahmen der Querdenker-Bewegung, machen die Relevanz eines Engagements gegen Rassismus deutlich. In den kommenden Jahren wird dadurch eine noch stärkere Vernetzung rechter Akteur*innen zu erwarten sein. Wir fordern daher eine bedingungslose Solidarität mit allen Menschen, die von Rassismus betroffen sind und die aktive Bereitschaft, eigene Rollen und die Partizipation an rassistischen Handlungen zu hinterfragen.

Übernahme von Verantwortung

Die Soziale Arbeit kann und darf sich nicht aus der Verantwortung nehmen, eine rassismuskritische Position einzunehmen und gemeinsam mit von rassistischer Gewalt betroffenen und rassistischen Strukturen marginalisierten Personengruppen eine Abschaffung menschenunwürdiger Praxis zu fordern.